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Grüner heilen: Wie die Gesundheitswirtschaft nachhaltiger wird

Auf der Bühne unterhalten sich vier Männer mit der Moderatorin

Wer im Krankenhaus operiert wird oder sich einer radiologischen Untersuchung unterzieht, fragt kaum nach dem Einfluss aufs Klima. Dabei produziert das Gesundheitswesen doppelt so viel Treibhausgase wie die Luftfahrt. In einem Panel zum Thema „Green Health - Wie kann das Gesundheitswesen eine nachhaltigere Zukunft fördern?“ erklärte Thomas Hagemeijer, Lead bei TLGG Consulting, wie sich die Emissionen zusammensetzen: Pharmazeutische Produkte machen fast die Hälfte aus, gefolgt von Transporten und dem Betrieb von Kliniken. Momentan stehe Nachhaltigkeit trotz des Klimawandels bei den meisten Akteuren des Gesundheitswesens nicht ganz oben auf der Prioritätenliste. Daten dazu seien wenig transparent. Die Digitalisierung könnte zum Beispiel durch telemedizinische Angebote Wege und damit Treibhausemissionen reduzieren.

Abfall reduzieren und wiederverwerten

Zugleich produzieren besonders Kliniken sehr viel Abfall, der oft nur unzureichend wieder dem Wertstoffkreislauf zugeführt wird. Daniel Unger, Environmental Sustainability Manager bei Johnson & Johnson Medical, und Florian Körner, Circularity Manager bei Resourcify, stellten ein gemeinsames Projekt vor, das das Recycling von nicht-infektiösen medizinischen Abfällen in Deutschland und der EU verbessern soll.

Laut Unger landen allein in Deutschland 8.000 Tonnen Einwegprodukt jedes Jahr in der Hochtemperatur-Verbrennung. Mit 4,8 Millionen Tonnen ist das Gesundheitswesen der fünftgrößte Abfallerzeuger des Landes. Dabei könnten 95 Prozent der nicht-infektiösen medizinischen Abfälle recycelt werden.

In einem Pilotprojekt stellt Ressoucify momentan in mehr als 30 Kliniken Tonnen bereit, in denen beispielsweise Abfall aus dem OP gesammelt wird. Die Abholung kann digital beauftragt werden. Auf einem Dashboard bekommen die Nutzer:innen angezeigt, welchen Mehrwert das Recycling für die Umwelt hat. Diese Daten können auch in den Umweltbericht der Klinik einfließen.

Regularien anpassen

Für die Zukunft wünscht sich Florian Körner, Transportwege zu sparen, indem die Entkontaminierung direkt beim Recycler stattfindet. Das sei momentan aus regulatorischen Gründen noch nicht möglich. Er hofft außerdem, dass sich mehr Hersteller der Recyclinginitiative anschließen oder besser gleich unnötige Umverpackungen vermeiden. Doch auch hier gelten strenge gesetzliche Vorgaben. So sind zum Bespiel Papieranleitungen für OP-Boxen gesetzlich vorgeschrieben.

Dr. Uwe Heckert, Head of Enterprise Informatics Europe & Growth Regions bei Philips, sprach über die Dekarbonisierung von und mit Gesundheitstechnologien. Er unterstrich die Bedeutung der Lieferkette. Bei Philips müssen alle Zulieferer strenge ESG-Kriterien erfüllen. Er setzt sich dafür ein, weniger Produkte für einen längeren Zeitraum zu verwenden. Zugleich arbeitet der Medizingerätehersteller an Produktinnovationen wie dem MRT Ingenia Ambition X mit versiegeltem Heliumgehalt und einem vergleichsweise geringeren Gewicht. Umweltkriterien sollten seiner Ansicht nach bei Ausschreibungen eine wichtigere Rolle spielen, das sei zum Beispiel in Großbritannien bereits der Fall.